In jedem steckt ein Künstler

Prototype

„Kunst kann die Welt verändern.“

Die meisten Menschen denken bei diesem Satz vermutlich an provokante Kunst und gesellschaftlich-politischen Wandel. Doch auch im Bereich der Innovationen kann Kunst als Inspirationsquelle oder Medium für Ideen dienen und dadurch die Welt ein bisschen besser machen. Ein besonders schönes Beispiel hierfür hatte seinen Ursprung in einem Kalligrafiekurs, den ein gewisser Steve Jobs in den 1970er-Jahren am Reed College besuchte:
Jobs hatte sein Studium kurz zuvor offiziell abgebrochen, besuchte jedoch weiterhin Kurse, sofern sie ihn interessierten. Im Falle des Kalligrafiekurses überzeugten ihn die schön gezeichneten Poster auf dem Campus. Ohne Jobs Ausflug in die Kunst des Schönschreibens hätte der Macintosh laut seinem Biographen Walter Isaacson keine Auswahl an schönen, proportionalen Schriftarten erhalten. Millionen Computernutzer hätten sich auf absehbare Zeit mit einer der bis dahin üblichen, wenig ansprechenden „Schreibmaschinenschriften“ begnügen müssen. Der Kunst sei Dank!

Was wäre nun, wenn nicht nur Künstler und Ausnahmen wie Steve Jobs, sondern jeder Mensch sich mit künstlerischen, kreativen Tätigkeiten beschäftigen würde — wären dann nicht vielleicht alle Produkte ästhetisch wertvoller und benutzerfreundlicher? Sollte Kunst daher nicht eine viel stärkere, aktive Rolle im Leben eines jeden Menschen spielen? Dies war der Ausgangspunkt eines von Axel moderierten Design Thinking-Workshops an der StarTUp School der TU Berlin im Februar 2017.

Post-itsKonkret hatten die Teilnehmer die Aufgabe, für die fiktive „Steve Jobs Foundation for Creativity“ ein Konzept zu entwickeln, mit dem sich der Spaß an künstlerisch-kreativen Aktivitäten für eine breite Masse vergrößern ließe. Anhand von Interviews grenzten die beiden Teams diese sehr breite Aufgabenstellung auf zwei konkrete Probleme ein:

  1. die fehlende Zeit für kreative Tätigkeiten
  2. die Schwierigkeit des Lernens entsprechender Techniken

Die Lösungsideen des ersten Teams fokussierten sich daher konsequenter Weise auf die bessere Nutzung von Zeit. Zum Beispiel soll ein Online-Angebot dem Nutzer kreative Tätigkeiten als vorstrukturierte, einstündige Einheiten anbieten und so dem schnelllebigen Zeitgeist Rechnung tragen. Inspiration und Umsetzung des künstlerischen Akts werden daher planbar und quasi „konsumierbar“.

DiskussionEinen anderen Fokus setzt die Lösung des zweiten Teams, das Kunst ebenfalls mit Hilfe digitaler Möglichkeiten zugänglicher machen will: Auf einer Plattform sollen Hobby-Maler gezielt neue Techniken wie z.B. Aquarellmalen lernen können. Neben Erklärvideos hilft die Community beim Erlernen neuer Techniken. Die klassische Trennung zwischen Lehrer und Schüler verschwimmt dabei, indem Nutzer jeweils weniger erfahrenden Nutzern ihre kürzlich erworbenen Fähigkeiten weitergeben. Anhand hochgeladener Kunstwerke können sich Nutzer gezielt diejenigen Instruktoren aussuchen, deren Stil Ihnen gefällt. Und schließlich bietet die Plattform Materialsets passend zu jeder Maltechnik zum Kauf an und erspart Nutzern so mühsames Zusammenstellen geeigneter Pinsel, Farben, etc.

Kunst und Technologie zusammenzuführen war die große Gabe von Steve Jobs. Apple-Produkte und Filme von Pixar waren nicht zuletzt deshalb so erfolgreich, weil diese Kombination ihnen eine gewisse „Magie“ verlieh. Design Thinking hat das Potenzial, es auch weniger begnadeten Innovatoren zu ermöglichen, die Magie der Innovation zu erzeugen. So wie einst Steve Jobs von der Kalligrafie inspiriert wurde, könnten auch sie davon profitieren, mehr ihrer Zeit der Kunst und Kreativität zu widmen. Insofern bleibt zu hoffen, dass die Zielsetzung des Workshops tatsächlich Realität wird — ob nun wie von den Workshop-Teilnehmern vorgeschlagen oder auf ganz andere Weise.

Hinweis: Das Bild ist nicht etwa (nur) abstrakte Kunst, sondern ein modifiziertes Foto eines Prototyps, mit dem das zweite Team seine Lern-Plattform visualisiert hat.

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